Lavant hören

Folge 1: Elisabeth Orth liest Christine Lavant

Veröffentlicht am 08.11.2025 / 11:38

Anmerkungen

„Gedichte mochte ich überhaupt nicht lesen, weil man dabei nicht stricken kann. – Ja, und es ist so, dass ich froh sein muss, soviel Strickarbeit zu haben, obwohl mir diese die Nerven kleinweis zerhämmert, bis ich jede Nacht jeden einzelnen Faden in mir frei zittern spüre, als bestünde ich aus lauter dünnen Fäden, die einmal ein Netz waren und nun lose winzige Stücke sind, und als hinge der Kopf in einem tanzenden Ballon.

Aber das ist dennoch gut so.

Dann es hält die andere Pein – die des Nimmerkönnens in einem gewissen Abstand von mir.“ 


Das schreibt Christine Lavant 1950 in einem Brief. Christine Lavant, die Kärntner Schriftstellerin, wurde 1915 in St. Stefan im Lavanttal geboren. Sie war das neunte Kind einer Flickschneiderin und eines Bergarbeiters, und wuchs in ärmlichsten Verhältnissen auf. 

Von Kindheit an war sie von vielen Krankheiten beeinträchtigt und gequält. Mit Strickarbeiten verdiente sie etwas Geld für ihren Unterhalt. 

Ihre lebenslange Sorge vor dem Nimmerkönnen, vor der Erschöpfung, dem Versagen war groß. Aber groß ist auch ihr literarisches Werk, Gedichte und Erzählungen. Seit 2016 liegt es, in vier Bänden gesammelt, vor, mehr als 3000 Seiten. Neben Ingeborg Bachmann und Ilse Aichinger ist Christine Lavant eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der österreichischen Literatur seit 1945.


Dies ist die Folge EINS in der Reihe „Lavant hören“. Dieser Podcast wird von der Internationalen Christine Lavant-Gesellschaft veröffentlicht. Die Internationale Christine Lavant-Gesellschaft vergibt jedes Jahr einen renommierten Literaturpreis. Bei dem Festakt zur Preisverleihung werden auch Texte von Christine Lavant gelesen, und zwar von bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern. Diese Lesungen können Sie nun auch als Podcast hören.

Bei der Verleihung des Christine Lavant-Preises, der im Jahr 2020 an die deutsche Schriftstellerin Judith Schalansky vergeben wurde, las Elisabeth Orth, Schauspielerin des Wiener Burgtheaters, Texte von Christine Lavant. Die Musik stammte von Edgar Unterkirchner und Tonč Feinig.